Ein Lehrforschungsprojekt der Kulturanthropologie der Georg-August Universität Göttingen
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Spuren des historischen Kolonialismus und seine Hinterlassenschaften im Stadtraum aber auch in unseren Denk- und Bilderwelten waren Gegenstand des studentischen Forschungsprojekts „Göttingen dekolonial“ am Institut für Kulturanthropologie (2022-2023). Im Sinne einer dekolonialen Stadtforschung machten sich 13 Studierende der Kulturanthropologie zwei Semester lang auf den Weg, um zum einen Geschichte(n) von Objekten, Wissensproduktionen und Menschen zu erkunden, die im Zusammenhang mit der kolonialen Eroberung nach Göttingen kamen, d.h. meist geraubt oder verschleppt wurden.
Zum anderen begriffen wir Kolonialismus als eine „nicht-vergangene Vergangenheit“, die bis heute (nach)wirkt. Wir interessierten uns daher auch für Kontinuitätslinien, beispielsweise des „Rasse“-Denkens, wie es im NS, aber auch nach 1945 weiterhin wirksam blieb. Und wir fragten nach dem Umgang mit dem Kolonialismus heute, durch Museen, in der universitären Lehre und Forschung, in der städtischen Erinnerungspolitik….
Dabei merkten wir schnell, dass das koloniale Projekt und seine begleitende kolonial-rassistische Wissensproduktion von Anfang an nicht unwidersprochen war, auch wenn in Göttingen viele Bürger*innen das deutsche Kolonialunternehmen aktiv unterstützten; In diesem Sinn interessierten uns insbesondere auch Geschichten von Widerspruch, Widerstand und Protest – damals und heute; Hierbei konnten wir tief in den Archiven und in Geschichten von Aktiven der letzten Jahrzehnte Beispiele für eine langen anti-koloniale Protestgeschichte finden, die Göttingen mit den verschiedenen Schauplätzen des Weltgeschehens zu tiefst verbindet. Hiermit möchte das Projekt auch einen wissenschaftlichen Beitrag leisten zu einem in vielen europäischen Ländern stärker werdenden kolonialkritischen „memory activism“, der darum weiß, dass „erinnern verändert“.